Aufklärung und Beratung – wer macht was?

Im Kontext von Pränataldiagnostik spielen Aufklärung und Beratung eine wichtige Rolle. Gemeint sein können ganz unterschiedliche Beratungsangebote.

Sie lassen sich zusammenfassen in:

  • Medizinische Aufklärung und Beratung durch GynäkologInnen, HumangenetikerInnen, FachärztInnen als Voraussetzung für die informierte Zustimmung zu genetischen Untersuchungen (Gendiagnostikgesetz §9,§15)
  • Medizinische Aufklärung und Beratung im Kontext eines auffälligen Befundes des Ungeborenen, geregelt nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz §2a
  • Hebammenberatung im Rahmen der Betreuung schwangerer Frauen
  • Psychosoziale Beratung durch anerkannte Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach §2 Schwangerschaftskonfliktgesetz. Schwangere Frauen haben einen Rechtsanspruch auf diese Beratung. Hierzu gehört auch Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik.
  • Beratung im Rahmen von Seelsorge z.B. im Krankenhaus
  • Beratung durch Selbsthilfegruppen

Auf dem Hintergrund ihrer jeweiligen Fachlichkeit und Kompetenz haben die unterschiedlichen Berufsgruppen und Einrichtungen unterschiedliche Aufgaben und Funktionen.

Was bietet psychosoziale Beratung

Psychosoziale Beratung bietet eine Anlaufstelle sowohl für werdende Eltern, die sich in der Frühschwangerschaft mit der Frage auseinandersetzen, ob sie PND in Anspruch nehmen wollen als auch für diejenigen, bei denen bereits ein Verdacht oder eine Diagnose vorliegen.

Vor Inanspruchnahme pränataldiagnostischer Untersuchungen und Tests kann Information und Aufklärung im Mittelpunkt stehen. Die Flut oft unterschiedlicher, schwer zu verstehender Informationen kann sortiert und in ihrer Bedeutung für die Frau/das Paar geklärt werden

Am häufigsten nehmen Frauen/Paare Beratung nach einem auffälligen Befund in Anspruch. Es geht z.B. um die Frage, was sagt der Befund über das Ungeborene aus, hat ein Befund das gewünschte Kind zu einem unerwünschten Kind gemacht und welche Konsequenzen hat dies für das Paar in ihrer jetzigen Lebenssituation. Die Beratung umfasst notwendige Informationen, doch im Mittelpunkt stehen Konflikte, Ambivalenzen, Gefühle, die die Handlungsfähigkeit erschweren oder unmöglich machen. Es ist ein Angebot, mit Unterstützung einer Beraterin die eigene Position, Orientierung und Handlungsperspektiven (wieder) zu finden.

Die individuelle Situation der Schwangeren/des Paares steht im Mittelpunkt der Beratung, die neben Information und Aufklärung auch immer Prozessbegleitung und Krisenintervention ist.

Psychosoziale Beratung hat die Aufgabe Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen. Auch ist es wichtig gesellschaftliche Zusammenhänge und Machtverhältnisse nicht aus dem Blick zu verlieren.

Funktion und Funktionalisierung von Beratung

Aufklärung und Beratung geraten zunehmend in den Mittelpunkt der (politischen) Diskussionen um Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin. Werden die Auswirkungen und gesellschaftlichen Probleme der Technologien diskutiert, wird mehr Beratung gefordert. Denn für den Einzelnen sollen und müssen alle "Optionen" der Medizintechniken offen gehalten werden. Beratung gilt dann als Garant für einen verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Technologien und als "Feurwehr" in Krisen. Damit werden gesellschaftliche Probleme zum Problem des Einzelnen deklariert, wo politisches Handeln notwendig wäre. Beratung unterliegt damit auch der Gefahr funktionalisiert zu werden, um einen reibungsloseren Ablauf der vorgeburtlichen Untersuchungen und Tests sicher zu stellen. Dadurch würden die damit einhergehenden Widersprüche verdeckt.

Das Netzwerk sieht von daher in der politischen Auseinandersetzung, dem Einmischen in gesellschaftspolitische, ethische Debatten im Kontext der neuen Techniken auch eine wichtige Aufgabe von Beratung.

Links und Materialien

Leichte Sprache

Was ist das Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik? 

Hier finden Sie eine Erklärung in Leichter Sprache.